Fotos: Candy Welz
Der entfesselte Wotan oder wo ist hier die orientierung?
Ein Online-Theaterprojekt des Jungen DNT nach Ernst Toller
Deutsches Nationaltheater Weimar - Premiere am 16.06.2021
Wotan, ein bankrotter Friseur – in unserer Inszenierung ein Hutmacher – und Phrasendrescher, gründet in betrügerischer Absicht eine Auswanderungsgenossenschaft. Er will im brasilianischen Urwald ein völkisches Reich errichten. Vertreter*innen des rechten Bürgertums, Investor*innen und Träumer*innen wollen dem Größenwahnsinnigen folgen.
Der Autor der Komödie, Ernst Toller, war in der Zeit der Münchner Räterepublik als linkssozialistischer Politiker aktiv. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Toller aufgrund seiner jüdischen Herkunft und politischen Haltung formell aus Deutschland ausgebürgert, seine Werke verbrannt.
Als sein Stück 1923 erschien, war es eine hellsichtige, doch fruchtlose Warnung vor dem Erstarken rechtsextremer Rattenfänger. Aber auch heute liest sich manche Textpassage über das orientierungs- und kraftlose Europa wie ein tagesaktueller Leitartikel: Warum sind so viele Menschen unzufrieden, fühlen sich verkannt, hegen Ressentiments, die sich der rechte Populismus zu Nutze macht? Warum haben die politischen Extreme, insbesondere die politische Rechte, einen solchen Zulauf? Warum schließen sich Menschen einer undemokratischen, rassistischen, System umstürzenden Bewegung an? In Krisensituationen suchen Menschen nach Orientierung, wird das Rufen nach Führung, Vorreiter*innen und dem Zugehören zu einer Gruppe lauter. Ist das Vertrauen in unsere Demokratie heute stark genug? Oder ist die Gesellschaft ebenso anfällig für die Verführbarkeiten durch selbsternannte Führungsfiguren, wie in den 1920er und 30er Jahren?
Vier junge Erwachsene nähern sich mit ihren eigenen Zugängen dem fast 100 Jahre alten Stoff, setzen sich mit seiner Aktualität auseinander und suchen nach Parallelen zur Gegenwart. Im Zeitalter von Populismus und Fake News, die vor allem über soziale Medien verbreitet werden, diskutieren diese jungen Menschen ihre Möglichkeiten der Orientierung und die Frage der Notwendigkeit von Führungsfiguren.
Regie: Angelika Andrzejewski
Bühne und Kostüm: Torsten Thiele
Dramaturgie: Eva Bormann, Lisa Evers, Beate Seidel
Video: Kate Ledina
Es spielen:
Caroline Hesse (Wilhelm Dietrich Wotan)
Marvin Weiler (Mariechen, seine Frau / Gott Wotan)
Sophie Tzschabran (Schleim, ein stellenloser Kaufmann)
Mohammed Sefaoui (Fremder Herr / Gräfin Gallig, ein ältliches Hoffräulein a. D. / Bankier Karauschen / Polizist / Reporter*in)
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In Kooperation mit dem Weimarer Republik e.V., der auf seiner Homepage viele interessante Hintergrundmaterialien und ein digitales Lernportal für Schulgruppen zur Weimarer Republik Zeit anbietet: https://www.weimarer-republik.net/verein/